Familienplanung praktisch von Susanne Hiller Wie wir in den vorigen beiden Artikeln gesehen haben, hat Gott überfließende Freude an Leben, an Vermehrung, an Nachkommenschaft, an Kindern - an Großfamilien! Reichlich Nachkommenschaft zu haben ist ein unbeschreiblicher Segen Gottes, den wir mit Freude und Opferbereitschaft annehmen dürfen. Und doch gibt es auch für Christen berechtigte Gründe, nach reiflicher Überlegung und Prüfung der eigenen Motive, durch Verhütung die Geburtenabstände zu vergrößern, oder die Kinderzahl zu beschränken. Aber welche Mittel dürfen hierbei zum Einsatz kommen? Gibt es biblische Prinzipien, die bei der Familienplanung befolgt werden müssen? Sollten wir als Christen sogenannten "Natürlichen Verhütungsmethoden" den Vorzug geben? Wir können an dieser Stelle in keiner Weise alle vorhandenen Verhütungsmittel im Einzelnen besprechen und bewerten. Die folgenden Abschnitte können nur eine kleine Orientierungshilfe sein, und sollen zum Nachdenken und bewussten Selbststudium anregen! 1. Abtreibung Zunächst: Alle Christen sollten sich darin einig sein, dass das Beenden einer Schwangerschaft durch Abtreibung unter das 6. Gebot fällt: Du sollst nicht töten! Wie uns heute durch wissenschaftlichen Fortschritt bekannt ist, beginnt das Leben mit dem Verschmelzen von Ei- und Samenzelle im Eileiter. Somit ist jegliche Form der "Geburtenkontrolle" durch Abtreibung für Christen völlig ausgeschlossen. Hat Gott Leben geschenkt, von den Eltern geplant oder ungeplant, gesund oder behindert, wollen wir es dankend aus seiner Hand nehmen und auf dieser Welt willkommen heißen. (Die einzige Ausnahme, auf die hier aber nicht weiter eingegangen werden soll, könnte die medizinische Indikation sein. Karl Horst Wrage schreibt: "Wenn das Leben der Frau durch die Schwangerschaft bedroht ist, müssen die Eltern in einem echten Konflikt der Pflichten eine Entscheidung erringen, die in jedem Fall nur aus dem Wissen um die vergebende Gnade Gottes getragen werden kann.") Da dies völlig klar sein sollte, können wir direkt übergehen zur Empfängnisverhütung durch Verhütungsmittel. 2. Hormonelle Verhütungsmittel Alle hormonellen Verhütungsmittel (Pille, Minipille, Drei-Monats-Spritze, Hormonspirale, Vaginalring, Verhütungspflaster etc.) wirken auf mindestens eine Weise, meistens aber durch eine Kombination der folgenden vier Wirkungsweisen: - Hemmung der Ovulation (Eisprung) - Beeinflussung des Zervixschleims (Beförderung der Spermien in den Eileiter) - Störung der Eileiterfunktion (Transport der befruchteten Eizelle in die Gebärmutter) - Störung des Aufbaus der Gebärmutterschleimhaut (Einnistung der befruchteten Eizelle in der Gebärmutter) Gegen die ersten beiden Punkte ist nicht unbedingt etwas einzuwenden. Problem ist aber, dass diese beiden bei hormonellen Verhütungsmitteln nicht zu 100% zuverlässig eintreten. In diesem Fall findet eine Ovulation und möglicherweise die Befruchtung einer Eizelle statt. Nun greifen Wirkungsweise 3 und 4, um eine Schwangerschaft zu verhindern. Durch die veränderte Schleimzusammensetzung im Eileiter reicht die Nahrungszusammensetzung für die notwendige Reifung der befruchteten Eizelle nicht aus, und es wird zudem der zeitgerechten Transport in die Gebärmutter verhindert. Sollte die befruchtete Eizelle doch heil in der Gebärmutter ankommen, ist diese nicht vorbereitet, da die zur Einnistung nötige Schleimhaut nicht aufgebaut wurde oder nicht die richtige Beschaffenheit hat. So wird die Einnistung der befruchteten Eizelle wesentlich erschwert oder ganz verhindert. Die Verhinderung der Nidation (Einnistung) in Verbindung mit der Störung der Tubenfunktion (Eileiterfunktion) zeigt eine abtreibende Wirkung hormoneller Verhütungsmittel. Auch wenn Experten sehr unterschiedliche Einschätzungen bezüglich der Wahrscheinlichkeit der Befruchtung einer Eizelle trotz Einsatz hormoneller Verhütungsmittel äußern, sollte allein die Tatsache, dass es eine gewisse Wahrscheinlich einer abtreibenden Wirkung gibt, Christen hellhörig machen. Tatsächlich gibt es Schätzungen, die zu dem Ergebnis kommen, dass durch den Einsatz der Pille und der Spirale weitaus mehr Frühabtreibungen stattfinden, als durch bewusste ärztliche Eingriffe. Gerade die Minipille, die vielen Frauen während der Stillzeit empfohlen wird, ist sehr gering dosiert, und hat daher kaum eine ovulationshemmende Wirkung. Daher kann es in jedem Zyklus zu einem Eisprung, und folglich auch zu einer Befruchtung kommen! Als Christen dürfen wir die Augen vor diesen Tatsachen nicht verschließen! Ich bin der Auffassung, dass hormonelle Empfängnisverhütung schon aufgrund der Möglichkeit einer Abtreibung keine Anwendung in der Familienplanung einer gläubigen Familie finden sollte. Doch hier ist es die Verantwortung jedes Ehepaares, sich über die jeweiligen hormonellen Verhütungsmittel und ihre Wirkungsweise genau zu informieren, und dann eine Entscheidung zu treffen, die sie guten Gewissens vor Gott vertreten können. Römer 14, 5+23: „Ein jeder sei seiner Meinung gewiss. Was nicht aus dem Glauben heraus geschieht, ist Sünde.“ 3. Mechanische Verhütungsmittel An dieser Stelle wenden wir uns den mechanischen Methoden zu (Kondom, Diaphragma, Portiokappe, etc.). Diese Mittel nehmen keinen Einfluss auf die Hormone und den Zyklus der Frau, sondern verhindern als Barrieren lediglich, dass Spermien zu der Eizelle durchdringen können. Es besteht keinerlei abtreibende Wirkung, falls doch eine Eizelle befruchtet werden sollte. Diese könnte sich ungehindert in der Gebärmutter einsetzen, und eine Schwangerschaft entsteht. Nachteil dieser mechanischen Methoden ist jedoch häufig die umständliche Handhabung. Je nachdem kann das angewandte Barrieremittel als störend oder unangenehm empfunden werden. Dennoch können mechanische Methoden eine gute Möglichkeit für Ehepaare sein, die nur kurzfristig verhüten wollen, um z.B. den Abstand in der Geschwisterfolge zu erhöhen. Das Diaphragma kann aber auch eine längerfristige Lösung sein, wenn die Frau gut damit zurecht kommt. 4. Natürliche Familienplanung In den letzten Jahren wieder öfter praktiziert wird die "Natürliche Familienplanung" (NFP). Um jeglichen unnatürlichen Eingriff in den Hormonhaushalt der Frau (mit all den unangenehmen Nebenwirkungen) zu vermeiden, aber auch nicht auf störende Barrieren angewiesen zu sein, greifen viele Ehepaare auf diese Methode der Verhütung zurück. Es handelt sich dabei um die Beobachtung des weiblichen Zyklus zur Erkennung der Ovulation (Eisprung) und der fruchtbaren Tage. Dabei dienen als wichtigste Anhaltspunkte die Basaltemperatur, der Zervixschleim, sowie die tastbare Veränderung des Muttermundes. Wenn eine Frau gelernt hat, diese Zeichen sicher zu deuten, kann sie zumindest die sicher unfruchtbare Zeit nach dem Eisprung erkennen. An dieser Stelle kann die NFP nicht ausführlich erläutert werden. Weitere Informationen zur NFP gibt es z.B. unter www.iner.org. Die NFP kann eine recht sichere Verhütungsmethode sein, vor allem für Frauen, die einen sehr regelmäßigen Zyklus haben und weder stillen, noch krank sind. Allerdings wird die Anwendung von NFP eine beständige Herausforderung für die Frau bleiben, die tagtäglich ihren Körper und ihren Zyklus genauestens beobachten muss. Zudem bedeutet dies, dass es in jedem Monat vor und während des Eisprungs 10-15 Tage gibt, die ein Ehepaar enthaltsam leben muss, da die Frau fruchtbar ist oder sein könnte. Dies jedoch sind normalerweise genau die Zeiträume, in der eine Frau natürlicherweise mehr Lust hat als in anderen Zyklustagen. Ehelicher Verkehr ergibt sich also nicht aus der Situation einer Stimmung oder einer Bereitschaft heraus, sondern eben nach dem Kalender. Es besteht die Gefahr, dass die Empfängnisverhütung als Priorität über die ehelichen Bedürfnisse und das liebende Einssein der Ehepartner gestellt wird. Um diesen Nachteil auszuschließen, empfiehlt Dr. med. O. Windecker im "Ratgeber Ehe" die "Kombimethode". So können mithilfe eines mechanischen Verhütungsmittels fruchtbare Tage überbrückt werden. Dennoch beobachtet die Frau ihren Körper um die unfruchtbaren Tage zu erkennen, und in diesen das barrierefreie Einssein der Eheleute zu ermöglichen. Schwieriger ist die Anwendung dieser Methode, wenn eine Frau stillt und aus diesem Grund noch keinen regelmäßigen Zyklus hat. Und sie wird sehr unzuverlässig, wenn eine Mutter krank ist, oder aufgrund jüngerer Kinder nachts häufig aufstehen muss. An dieser Stelle möchte ich noch kurz die Position mancher Christen ansprechen, NFP sei die einzige biblisch vertretbare Verhütungsmethode, da sie nicht in Gottes Gabe der Fruchtbarkeit eingreift, sondern diese lediglich "reguliere". Dr. theol. Thomas Schirrmacher stellt diese Position in seinem Aufsatz zur Schwangerschaftsverhütung in Frage: "Tritt hier nicht das ganze Problem des katholischen ‚Natur‘-Gedankens zu Tage: Ist Natur alles, was geschieht? Besteht das ganze Leben nicht daraus, in Gottes Auftrag die Natur zu beherrschen? Wenn man aber den Begriff „Schöpfungsordnung“ verwendet: Ist jedes Naturgesetz eine Schöpfungsordnung, in die man nicht eingreifen darf? Die Zeitwahlmethode (NFP) soll hier nicht schlecht gemacht werden. Sie ist in ihrer modernen Form ein ausgereifter und sinnvoller Weg der Familienplanung und wegen ihrer praktisch fehlenden Nebenwirkungen sehr zu empfehlen. Es geht ausschließlich um die Frage, ob diese Methode wirklich als einzige ethisch-theologisch legitim ist und jeder andere Weg von vorne herein untersagt ist." Einige Christen verurteilen den Gebrauch von Verhütungsmitteln deshalb, weil seit der Erfindung des Kondoms und der Einführung der Pille außerehelicher Geschlechtsverkehr massiv Einzug in die Gesellschaft genommen hat. Er bleibt nun häufig folgenlos, und ist daher in unserer liberalen Gesellschaft fast schon als allgemeines Menschenrecht anerkannt. Dr. theol. Thomas Schirrmacher schreibt: "Kurzum: Massiver Missbrauch hebt dennoch den rechten Gebrauch nicht auf. Dass Millionen verhüten, um sexuell promiskuitiv leben zu können, bedeutet nicht, dass Verhütungsmittel in der Ehe verboten seien, sonst könnte man mit derselben Logik ja auch gleich die Sexualität selbst auch in der Ehe verbieten. Verboten können nur solche Verhütungsmethoden sein, die eine frühabtreibende Wirkung haben." 5. Sterilisation Auch die Endgültige Kontrazeption (operative Sterilisation) ist unter Christen umstritten. Schließlich handelt es sich um einen grundsätzlichen Eingriff in die Unversehrtheit des eigenen Körpers. Zudem verkürzt es die von Gott gegebenen fruchtbaren Jahre (normalerweise) endgültig. 6. Enthaltsamkeit In einem Punkt aber ist die Bibel eindeutig: Enthaltsamkeit ist kein Mittel zur Empfängnisverhütung. 1.Kor 7,5: "Entzieht euch einander nicht, außer nach Übereinkunft eine Zeit lang, damit ihr euch dem Fasten und dem Gebet widmen könnt; und kommt dann wieder zusammen, damit euch der Satan nicht versucht um eurer Unenthaltsamkeit willen." Nun da wir einige Verhütungsmethoden besprochen haben, wenden wir uns der Frage zu: Gibt es Richtlinien, die es einem jungen Ehepaar erleichtern, in der Familienplanung weise Entscheidungen zu treffen? Ich denke, dass es sehr hilfreich ist, dieses Thema bereits in der Ehevorbereitung zu besprechen. So kann man in einer biblischen Sichtweise Einigkeit anstreben. Es ist auch eine Bereicherung mit gottesfürchtigen Ehepaaren zu sprechen, die den fruchtbaren Abschnitt ihres Lebens bereits hinter sich haben. Sicher teilen sie in einem geschützten Rahmen gerne ihre Erfahrungen mit euch und berichten euch von ihren weisen und unweisen Entscheidungen. So könnt ihr von ihren Erfahrungen, ihrem Bibelwissen und ihren Ratschlägen profitieren. Karl Horst Wrage spricht in seinem Buch "Verantwortung in der Ehe" folgende Empfehlungen aus: "Junge Eheleute benötigen vom Beginn ihrer Ehe an eine gewisse Zeit, um in ihrem Einssein zusammenzuwachsen. Nach unserer Erfahrung sind hierfür im allgemeinen zwei Jahre erforderlich. Denn das tägliche Zusammensein, auch in abgespanntem Zustand, in dem die Beherrschung nachlässt, die ständige Begegnung mit dem Partner in all seinen kleinen Unordentlichkeiten, Ungepflegtheiten und Missstimmungen wollen geübt und getragen gelernt sein. Wir wollen uns nichts vormachen. Jedes Kind stellt eine Belastung für die Zeit und Kraft der gegenseitigen Zuwendung der Eheleute dar. Und Kinder benötigen eine reife Ehe, um gedeihen zu können. Was die Frage der Abstände in der Geschwisterfolge betrifft... Frauenärzte sind (wie ich meine berechtigterweise) der Auffassung, dass der günstige Abstand zwischen zwei Entbindungen dreimal neun Monate beträgt, nämlich neun Monate Stillzeit, neun Monate Erholung, neun Monate neue Schwangerschaft = 27 Monate = zwei Jahre und drei Monate." Pfarrer Naujokat vom Weißen Kreuz schreibt: „Es ist gut, wenn das Kind erwünscht und von vornherein angenommen wird. Bevor das erste Kind kommt, sollten die Ehepartner zu einer seelischen Harmonie der Ehe zusammengefunden haben. Erst muss die Zweisamkeit gelingen, ehe es zur Dreisamkeit kommen sollte. Auch der Geburtenabstand ist verantwortlich zu wählen.“ Abschließend möchten wir Ermutigung und Trost darin finden: Der lebendige Gott selbst bleibt, obwohl er seine schöpferische Zeugungskraft in den Menschen hineingelegt hat, der Herr über Leben und Tod. Er ist es, der das Leben schenkt und souverän Kinder gibt oder verwehrt. Er regiert auch souverän über unsere Familien. Ihn dürfen wir um Weisheit für jede unserer Entscheidungen, und um reine Motive bitten. "Denn du hast meine Nieren gebildet; du hast mich gewoben im Schoß meiner Mutter. Ich danke dir dafür, dass ich erstaunlich und wunderbar gemacht bin; wunderbar sind deine Werke, und meine Seele erkennt das wohl! Mein Gebein war nicht verhüllt vor dir, als ich im Verborgenen gemacht wurde, kunstvoll gewirkt tief unten auf Erden. Deine Augen sahen mich schon als ungeformten Keim, und in dein Buch waren geschrieben alle Tage, die noch werden sollten, als noch keiner von ihnen war. Und wie kostbar sind mir deine Gedanken, o Gott! Wie ist ihre Summe so gewaltig! ... Erforsche mich, o Gott, und erkenne mein Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich es meine; und sieh, ob ich auf bösem Weg bin, und leite mich auf dem ewigen Weg!" Psalm 139,13-17; 23-24 Literatur: Familienplanung – eine Option für Christen?, Schriftenreihe des Instituts für Lebens- und Familienwissenschaften 1, Thomas Schirrmacher (Hg.), © 2006 by ilfw und idea Ratgeber Ehe, Yvonne Schwengeler u. Manfred Metzger u. Dr. med. O. Windecker, © 1998 Schwengeler-Verlag Verantwortung in der Ehe, Karl Horst Wrage, © 1966 Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn
4 Comments
K.E.
10/29/2018 12:40:26 pm
Liebe Susanne,
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Susanne Hiller
11/9/2018 04:14:34 am
Danke für deinen Kommentar K.E.
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Yael
11/5/2018 06:07:47 am
Ich empfinde deine Gedanken zur Familienplanung sehr hilfreich und ermutigend.
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Susanne Hiller
11/9/2018 04:15:33 am
Ich freue mich sehr über deinen Kommentar, Yael!
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